Deutschland zwischen den Fronten by Dr. Gert R. Polli

Deutschland zwischen den Fronten by Dr. Gert R. Polli

Autor:Dr. Gert R. Polli
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: FinanzBuch Verlag
veröffentlicht: 2016-12-31T16:00:00+00:00


Terrorismusbekämpfung auch für die NATO ein Glücksfall

Schon vor den Ereignissen des 11. Septembers hatte die Terrorismusbekämpfung für die NATO einen hohen Stellenwert, dies spiegelt sich nicht nur in den Abschlusserklärungen sämtlicher NATO-Gipfel seit 09/11 wider, sondern lässt sich bereits aus dem neuen Strategischen Konzept aus dem Jahre 1999 ablesen. Das von den Staats- und Regierungschefs auf dem Warschauer Gipfel 1999 verabschiedete strategische Konzept nimmt erstmals auch Bezug auf globale Sicherheitsinteressen des Bündnisses. Neben Sabotage, organisiertem Verbrechen sowie den Konsequenzen aus der Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen ist auch von der vom Terrorismus ausgehende Gefährdungslage des Bündnisses die Rede.233 Die klassischen Aufgabenbereiche der NATO werden nun auf aktuelle Bedrohungen wie Terrorismus und Cyber-Security ausgeweitet.234

Obwohl dieses Konzept Bezug nimmt auf die neuen Bedrohungen, bekannt unter dem Begriff asymmetrische Kriegsführung, zeigt es sich bereits sechs Jahre nach Implementierung als zu wenig weitreichend. Die russische »Kriegsführung« hat spätestens seit der Annexion der Krim einen neuen Begriff geprägt, dem sich die NATO in ihrer konzeptionellen Doktrin bisher noch nicht gestellt hat: Der sogenannten hybriden Kriegsführung. Darunter versteht man »eine flexible Mischform der offen und verdeckt zur Anwendung gebrachten, regulären und irregulären, symmetrischen und asymmetrischen, militärischen und nicht-militärischen Konfliktmittel mit dem Ziel, die Schwelle zwischen den völkerrechtlich angelegten binären Zuständen Krieg und Frieden zu verwischen«.235

Direkt nach den Anschlägen von 09/11 wurde der Informationsaustausch zwischen Vertretern militärischer und ziviler Geheimdienste stärker institutionalisiert, um so die Anti-Terror-Kooperation zwischen den national verfügbaren Ressourcen, aber auch zwischen den NATO-Partnern, zu verbessern. So wurde die NATO-Operation im Mittelmeer Active Endeavour (OAE) unter Beteiligung der deutschen Marine mit dem Bündnisfall nach Art. 5 begründet. Diese Operation wurde bereits am 26. Oktober 2001, also unmittelbar nach 09/11, ins Leben gerufen und war bis November 2016 die einzige Art. 5-Operation mit unmittelbarem Bezug auf die maritime Zusammenarbeit der NATO im Mittelmeerraum zum Zwecke der Terrorismusbekämpfung. Interessant ist die neue Rolle, welche die NATO unter dem Schirm des Art. 5 subsumiert:

»This expertise is relevant to wider international efforts to combat terrorism and, in particular, the proliferation and smuggling of weapons of mass destruction, as well as enhanced cooperation with non-NATO countries and civilian agencies.«236

Die Schaffung der Operation Active Endeavour im Mittelmeer führte zu einer engeren Zusammenarbeit der maritim ausgerichteten Nachrichtendienste und der Dienste der nordafrikanischen Anrainerstaaten, denen eine besondere Rolle in der Aufklärung beigemessen wurde. In einer Aussendung der NATO wird der italienische Vizeadmiral Cesaretti zitiert, der die Operation im Lichte der Zusammenarbeit der Nachrichtendienste hervorhebt:

»The aim is to develop a much more effective information collection and analysis system and to change the character of the operation from one that is intelligence-supported to one that is intelligence-driven.«237

Die Operation Active Endeavour lief seit Oktober 2001 als Art. 5-Operation und wurde am 09. November 2016 von der Operation Sea Guardian abgelöst. Damit endete die einzige Art. 5-Operation der NATO als unmittelbare Folge von 09/11, nicht jedoch der nach wie vor aktive Bündnisfall nach Art. 5.

Bereits beim NATO-Gipfel 2004 in Istanbul wurde ein Arbeitsprogramm zur Terrorismus-Abwehr verabschiedet, um primär technische Lösungen zu finden und um die Effekte von terroristischen Anschlägen abzuschwächen.



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